Montag, 21. Juli 2008

Die kommende Auto-Krise und Ultra-Mikro-Ökonomie.

copyright: BMW AG
Alle reden von der Immobilienkrise mit Fannie Mae und Freddie Mac... dabei steht die nächste Krise schon vor der eigenen Haustür. Es geht um die kommende Krise in der Automobil-Industrie. Bekanntlich eine, wenn nicht die Schlüsselindustrie in deutschen Landen. Und weil ich Anhänger der These bin, dass sich volkswirtschaftliche Entwicklung zuerst in klitzekleinen Konsumenten-Entscheidungen in den eigenen vier Wänden ankündigen, hier zunächst eine kleine Begebenheit aus dem persönlichen Umfeld: Neulich Besuch beim Steuerberater. Der klärt auf, dass man die aktuelle Steuerlast mindern könnte, wenn man innerhalb der nächsten drei Jahre ein Investitionsgut zum dienstlichen Zwecke anschafft, etwa ein neues Dienstfahrzeug. Dann kann man 40 Prozent des Anschaffungspreises steuerlich geltend machen, blablabla. Aber der Steuer-Irrsinn in diesem unserem Lande soll jetzt nicht das Thema sein. Wir halten nur fest: neues Auto innerhalb der nächsten drei Jahre könte einen gewissen steuerlichen Vorteil bringen. Zuhause dann die Sache besprochen mit der besten Ehefrau von allen (Copyright: E. Kishon). Die fasst sich aber nur an den Kopf: Beknackt, jetzt über ein neues Auto nachzudenken! Der hohe Benzinpreis! Alternative Antriebe abwarten! etc.pp. OK, Thema abgehakt. Wir fahren unseren Diesel-Touran weiter, bis er uns unter den Hinterbacken zusammenkracht.

Mikro-Ökonomische Botschaft an die Auto-Industrie: Mit unserer kleinen Mittelstandsfamilie macht ihr in den nächsten fünf bis zehn Jahren keinen Umsatz!



Ob in anderen Familien ähnliche Diskussionen mit ähnlichem Ausgang stattfinden? Es sieht ganz danach aus. Jetzt mal weg vom Küchentisch und rein in die Statistik und das Weltwirtschaftsgeschehen:

  • Im Jahr 2007 wurden in Deutschland so wenige Autos gekauft wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Der Absatz brach um neun Prozent auf 3,15 Mio. Autos ein. (Quelle: "Hamburger Abendblatt")

  • Im ersten Halbjahr 2008 stieg der Absatz zwar wieder leicht um 4 Prozent. Aaaaaaber: Deutsche Marken stagnieren, der Absatz von Audi sank sogar leicht, Opel und Porsche verzeichneten Rückgänge von deutlich über 6 Prozent, BMW hat zudem Absatzprobleme auf den wichtigen Märkten USA und Japan. (Quelle: manager-magazin.de)

  • Der Aktienkurs von General Motors befindet sich auf dem tiefsten Stand seit 54 Jahren. GM stellt u.a. den Mega-Spritfresser Hummer her. (Quelle: Welt Online)

  • Der Auto-Absatz in den USA bricht bereits jetzt drastisch ein. Ford meldet für Juni in den USA ein Minus von 28 Prozent, GM ein Minus von 19 Prozent, Porsche verkaufte im Juni 19 Prozent weniger in den USA, BMW 11 Prozent weniger. Jeweils im Vergleich zum Vorjahr. (Quelle: Welt Online)

  • Der japanische Autobauer Toyota muss seine Verkaufsziele für das laufende Jahr nach unten korrigieren. Statt 9,85, plant er nun nur noch einen Absatz von 9,5 Mio. Autos weltweit in 2008. Toyota hat erklärt, vor allem in den USA künftig verstärkt auf sparsamere Autos zu setzen. (Quelle: FTD.de)

  • BMW will über 8.000 Stellen streichen, 5.000 davon in Deutschland. (Quelle: "Tagesspiegel")

  • Auch GM hat bereits weiteren Stellenabbau angekündigt, um die sinkenden Umsätze wegen der geringeren Nachfrage in den Griff zu bekommen (Quelle: FTD.de)


Klingt alles in allem nicht so toll.

Meine Prognose: Immer mehr Deutsche und US-Amerikaner werden die Entscheidung für einen Fahrzeugkauf soweit hinauszögern wie es nur irgend geht. In Deutschland macht man sich gerade bewusst, dass der Ölpreis nicht mehr sinken wird. Die Energiekosten werden auf absehbare Zeit weiter ansteigen. Das macht moderne Autos mit ihrer überbordenden Elektronik und ihrem hohen Gewicht im Unterhalt schlicht zu  teuer. Die Amis sind zusätzlich durch die Immobilienkrise finanziell gebeutelt. Und Japan? Japaner, zumindest in Großstädten, brauchen ohnehin keine Autos, wie der Motor-Journalist Yoshihiro Kimura neulich in einem lesenswerten Stück im auch ansonsten immer lesenswerten "Technik und Motor"-Teil der "FAZ" analysiert hat.

Also: Die Energiekosten steigen, die Absatzzahlen für Autos in den Industriestaaten sinken. Das ist ein Fakt.

Man muss kein Einstein sein, um vorherzusagen, dass wir bald noch einige Horror-Meldungen mehr aus den Autohäusern hören werden. Der Stellenabbau von BMW war nur der Anfang. VW, Ford, Mercedes Benz, Opel, sie alle werden Kosten reduzieren müssen und mit Hochdruck an neuen Antriebskonzepten arbeiten. Etwas Gutes hat diese Entwicklung freilich: Die weltweite Auto-Industrie wird endlich gezwungen, Antriebsformen fernab von fossilen Brennstoffen zu entwickeln. Nicht aus Einsicht, Umweltbewusstsein oder gutem Willen - sie müssen es tun, wenn sie wirtschaftlich überleben wollen. Gut möglich, dass der eine oder andere Autobauer in diesem schmerzhaften Prozess der Veränderung über die Wupper geht.

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