Freitag, 13. März 2009

Pangasius - der traurige Volksfisch aus Vietnam



Wenn jemand vor, sagen wir mal, fünf Jahren an einer x-beliebigen deutschen Fischtheke nach einem Pangasius-Filet gefragt hätte, wie hätte die Fischfachverkäuferin da wohl geschaut? Ziemlich ratlos vermutlich. Seit  ungefähr drei Jahren ist der Pangasius als Speisefisch buchstäblich in aller Munde. Das Fleisch ist weiß, hat wenige bis keine Gräten,  ist billig. Mancher Kunde mag sich einen kurzen Moment lang gefragt haben, woher er denn auf einmal kommt, dieser Pangasius, von dem man vorher noch nie was gehört hat. Und warum er auf einmal neben den alten fischigen Bekannten Lachs, Seelachs, Thunfisch und Scholle in der Auslage der örtlichen Nordsee-Filiale rumliegt und in jedem dritten Restaurant als günstiger Mittags-Fisch feilgeboten wird. Meistens zuckt man mit den Schultern, bestellt und freut sich, dass er so gut und günstig ist, der Pangasius.

Der "Spiegel" hat nun in einer sehr lesenswerten Reportage aufgeschrieben, wo er herkommt und welches Schicksal er zu nehmen droht. Der Pangasius ist ursprünglich ein wilder Fisch aus Vietnam. Globale Großhändler haben in um 2001 herum als potenziellen Speisefisch für die genormten Geschmäcker der westlichen Industrieländer entdeckt. Seither wird der Pangasius in Vietnam in großem Stil gezüchtet und weltweit als Container-Fracht exportiert - mit all dem was an industrieller Nahrungsproduktion so unappetitlich und nachdenkenswert ist und was man allzu gerne ausblendet, wenn man im Kaufland an der Fischtheke steht und zur Pappschachtel mit weißem Fischfilet zu 1,99 Euro greift.

In diesem Jahr nimmt Aldi den Pangasius ins Sortiment auf. Der "Spiegel" zitiert den Manager eines Aldi-Zulieferer-Betriebs:
"Wir brauchen ein stabiles Produkt, auch im Preis. So ein Produkt haben wir jetzt, ein ehrliches Produkt."

Das ehrliche Pangasius-Produkt wird bei Aldi im 500-Gramm-Beutel 3,49 Euro kosten. 74 Cent pro 100 Gramm. Der Fischer in Vietnam bekommt pro 100 Gramm laut "Spiegel" derzeit sechs Cent. Zum Leben vom Fischfang zu wenig. Das wird auf lange Sicht so nicht gut gehen. Warten wir mal ab, wann der erste Pangasius-Lebensmittelskandal wegen minderwertigem Futtermittel aus dem trüben Mekong-Wasser auftaucht.

"Spiegel"-Geschichte gefunden über den Twitter-Feed von Thomas Knüwer.

4 Kommentare:

  1. "Seither wird der Pangasius in Vietnam in großem Stil gezüchtet und weltweit als Container-Fracht exportiert - mit all dem was an industrieller Nahrungsproduktion so unappetitlich und nachdenkenswert ist und was man allzu gerne ausblendet, wenn man im Kaufland an der Fischtheke steht und zur Pappschachtel mit weißem Fischfilet zu 1,99 Euro greift."

    hmm Greenpeace empfiehlt diesen Fisch da er sauber gezüchtet wird. Unappetitliches kann ich nichts im SpOn Artikel finden.

    "Das wird auf lange Sicht so nicht gut gehen. Warten wir mal ab, wann der erste Pangasius-Lebensmittelskandal wegen minderwertigem Futtermittel aus dem trüben Mekong-Wasser auftaucht."

    hmm das Fazit bei SpOn geht eher den Weg das die Fischer den Fisch nicht mehr produzieren weil es sich nicht lohnt. Klar kann obiges auch passieren, wie schon bei diversem anderen was die Menschen nicht interssiert.

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  2. @Frank Unappetitlich meinte ich nicht im direkten Wortsinne. Ist vielleicht missverständlich ausgedrückt. Ich finde die ganze Herangehensweise dieser industriell perfektionierten Lebensmittel Produktion bedenklich und im übertragenen Sinne unappetitlich. Dieses fabrikmäßige Schlachten und die Festlegung von bestimmten Normen für Filets und Fisch- oder Fleischstücke, damit sie für den hiesigen Konsumenten auch ja mundgerecht in der Tiefkühltheke für billig Geld herumliegen.

    Ich glaube nicht, dass die Fischer nicht mehr produzieren werden. Die haben ja nix anderes. Ich fürchte eher, die werden die Produktions und Fangbedingungen so anpassen, dass es sich wieder lohnt. Eben zum Beispiel minderwertiges Futter abgeben oder sonstwas. Dass es da reichlich Möglichkeiten gibt, kennen wir ja auch aus der Fleischindustrie.

    Es gibt hier sicher keine einfachen Lösungen, wenn überhaupt. Aber man kann sich das schon mal bewusst machen, wenn man diese ganzen Industrie-Nahrungsprodukte in Supermarkt-Kühltheken sieht...

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  3. Das österreichische Magazin Konsument war vom Pangasius gar nicht so begeistert wie der Aldi-Mann.
    "Bei der Verkostung fielen zahlreiche Proben jedoch durch modrig-schlammigen Geschmack auf. Bei einigen Tiefkühlprodukten gab es zudem Anzeichen, dass die Kühlkette nicht lückenlos war", schrieben wir bei konsumo http://www.konsumo.de/news/2539-Pangasius:-Beim-Kauf-des-Modefisches-bekommen-Verbraucher-viel-Wasser-f%C3%BCr-ihr-Geld
    Also doch ziemlich unappetitlich im wörtlichen Sinn...

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  4. [...] die Wirklichkeit sieht anders aus. Über den Artikel Pangasius - der traurige Volksfisch aus Vietnam bin ich auf den Bericht Tod eines Fischstäbchens von Barbara Hardinghaus gestossen. Wie so oft, [...]

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