Mittwoch, 13. Mai 2009

Nackte Filme? No way - bitte mit Verpackung!

Spione wie wir



Die Unterhaltungsindustrie hat manches Probleme. Es gibt da einiges an äußeren Einflüssen (Wirtschaftskrise, Internet) aber auch reichlich hausgemachte Schwierigkeiten. Warum zum Beispiel, sollte ich als technisch einigermaßen versierter Konsument legal eine Musik-CD oder eine DVD mit einem Spielfilm kaufen? Wegen der Musik oder dem Film? Beides gibt es in ebenso bestechender Qualität gratis und illegal aus dem Netz. Die Musik-Industrie versucht dem Problem des illegalen Downloads zwar mit Hilfe eifriger Abmahn-Anwälte beizukommen - das wird auf lange Sicht aber nicht gelingen. Das Phänomen ist zu verbreitet. Die einzigen die davon kurzfristig profitieren, sind die Abmahnanwälte.

Warum also sollte ich eine CD oder DVD kaufen? Aus Solidarität mit den Künstlern? Okay, da mag manchmal was dran sein. Als Fan möchte man seine Lieblings-Künstler nicht am Hungertuch nagen sehen. Aber jedem x-beliebigen Superstar auch noch die eigene Kohle hinterherwerfen? Muss nicht sein.



Warum also dann? Vielleicht, weil mir der Kauf eines solchen Produkts ein gutes Gefühl verschaffen kann. Weil ich spüre, dass die Hersteller sich Mühe gegeben haben, weil ich mich als Konsument ernst genommen und wertgeschätzt fühle. Neulich habe ich die DVD zu dem schon leicht angejahrten Klamauk-Streifen "Spione wie wir" bei Amazon erstanden. Die DVD kam, Packung geöffnet und es bot sich obiges Bild. Kein Booklet. Keine Infos zum Film. DVD eingelegt - keine schönen Menüs, keine Extras, keine Hintergrundinfo zu Chevy Chase. Einfach nur der nackte Film in Deutsch und Englisch, ein paar Untertitel - das war's. Nein, da hatte ich gar kein gutes Gefühl. Ähnlich ging es mir beim Kauf der ersten Staffel der Neuverfilmung der "Battlestar Galactica"-TV-Serie auf DVD. Billige Plastik-Hüllen, keine Hintergrund-Infos, kein Booklet. Ein paar unkommentierte rausgeschnittene Szenen lieblos dazugeklatscht, fertig. Sogar der Pilotfilm fehlte. Der wurde nämlich extra verhökert. Eine Frechheit! Mittlerweile hat es sich sogar eingebürgert, dass TV-Serien in zwei Tranchen auf DVD erscheinen. So wird der Kunde doppelt gemolken.

Ein Kunde kommentierte das, bezogen auf die zweite Staffel von "Battlestar Galactica", bei Amazon folgendermaßen:
Wenn die Veröffentlichungsstrategie in Zukunft so aussieht (erst nach der X-ten Wiederholung im Free-TV) die erste Hälfte der Staffel auf DVD herauszubringen, dann brauchen sich die Werbestrategen nicht zu wundern, wenn der Absatz ihrer Boxen zurückgeht. Einen Tod müßen sie sterben. Entweder sie veröffentlichen die Box VOR, oder zumindest während der offiziellen Erstausstrahlung im TV, dann laufen sie Gefahr, dass die Einschaltquote sinkt, da Fans sich die Box kaufen werden, als jede Woche zu warten. (Aber sie werden sie sich wenigstens kaufen!) Oder sie bringen diese erst NACH der TV-Ausstrahlung heraus, dann laufen sie Gefahr, dass die meisten Fans die Serie bereits auf Festplatte mitgeschnitten haben und sich ihre DVDs selbst brannten, oder die Box bereits im Ausland erwarben. Als Konsument (der ja durchaus bereit ist seine Ware in Deutschland zu erwerben!) kommt man sich veralbert vor.

Dieser Einschätzung kann ich mich vollumfänglich anschließen. Tobias Kniebe, Autor u.a. für die "Süddeustche Zeitung" schrieb 2003 mal einen schönen Text mit dem Titel "Die Drumrum-Industrie". Dabei hielt er der Musikbranche vor eigentlich nichts mehr zu sein als eine Verpackungs-Industrie, und zwar eine schlechte:
Dafür, dass ihr eine Verpackungsindustrie seid, sind eure Verpackungen lächerlich einfallslos. Ein Heftchen mit
schlechten Begleittexten, eine Klarsichthülle, die sofort zerbricht – kann das alles sein?

Als positives Beispiel nannte Kniebe damals ausgerechnet die Hersteller von DVD-Boxen:
Nehmt euch ein Beispiel am DVD-Geschäft: Im Grunde keine technische Revolution, sondern eine Revolution des Drumherum. Die Filme sind genauso scharf wie ein normales Fernsehbild, ob man’s glaubt oder nicht – aber die Extras, die Stunden von Zusatzmaterial, die liebevollen Kommentare, Editionen, Sammlerboxen! Das kaufen die Leute wie die Irren.

Das war einmal. Dass es anders gehen kann, zeigen beispielsweise die Boxen zur TV-Sitcom "Seinfeld". Perfekt ausgestattet mit Booklets, liebevoll detaillierten Menüs, Hintergrund-Material und Infos zu fast jeder einzelnen Folge. Das Wort, auf das es hier ankommt ist "liebevoll". Ich merke als Konsument, wenn den Herstellern auch etwas an ihrem Produkt liegt und honoriere das, indem ich von diesem Hersteller wieder etwas kaufe. Gerne habe ich für jede Staffel viel Geld ausgegeben und beim Konsum ein gutes Gefühl gehabt. Einfach die nackige DVD oder CD in eine billige Plastikhülle packen und abkassieren, das funktioniert nicht mehr. Da muss man sich schon ein bisschen mehr Mühe geben.

Meine Prognose: Der "nackte" Film oder das "nackte" Musikstück wird künftig immer stärker und stark verbilligt online vertrieben. Die handgreifliche Ware muss radikal aufgehübscht und attraktiv für Fans gemacht werden, damit sie noch verkauft wird. Die Hersteller sollten ihre Kundschaft ernst nehmen und nicht bloß als Geldscheine auf zwei Beinen betrachten. Dann wird's auch was mit dem Abverkauf.

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