
Lindstrom befasst sich in dem Buch hauptsächlich mit dem so genannten Neuromarketing. Dabei werden Gehirnströme von Probanden untersucht und Auswirkungen von Marken-Botschaften auf die Hirn-Aktivität gemessen. Dabei wird zum Beispiel gemessen, welche Hirn-Windungen stimuliert werden, wenn einem Kunden bestimmte Produkte vorgeführt werden.
Lindstrom hält Neuromarketing für ein großes Ding. Er sagt, was Probanden in Fragebögen oder Interviews angeben ist eine Sache, wie sie ihre Kaufentscheidung fällen, eine ganz andere. Damit hat er sicher Recht, auch wenn die These eher banal ist.
Was wir über unsere Einstellung zu einem Produkt sagen, ist niemals ein verlässliches Zeichen dafür, wie wir uns verhalten werden. Das macht die Marktforschung so unzuverlässig.
So wurde Lindstrom u.a. damit beauftragt, zu testen ob die schrille englische Spielshow "Quizmania" auch in den USA ankommen würde. Auftraggeber war die TV-Produktionsgesellschaft FremantleMedia (die haben auch die Rechte an "Deutschland sucht den Superstar"). Die Marktforscher ließen 200 Probanden neben "Quizmania" auch die Hit-Show "How clean is your House?" und die Flop-Show "The Swan" schauen. Bei "How clean is Your House?" kommen zwei Putzteufelinnen in irgendeinen Messie-Haushat und räumen tüchtig auf. Bei "The Swan" wird ein hässliches Entlein mit Chirurgen-Power in einen "schönen" Schwan verwandelt. Bei den Fragebögen kam heraus, dass fast alle Probanden "House" und "Swan" in etwa gleich bewerteten. "Quizmania" wurde in den Fragebögen regelrecht abgestraft.
Die Gehirn-Scans zeigten ganz andere Ergebnisse. Zum einen zeigten die Scans, dass die Zuschauer bei "House" emotional wesentlich involvierter waren als bei "Swan". Sie zeigten auch, dass auch "Quizmania" es schaffte, die Zuschauer zumindest bis zu einem gewissen Grad zu begeistern.
Dieses Phänomen, dass man oftmals, bewusst oder unbewusst, nicht sagt was man meint oder tut, wird in "Buology" breit ausgewalzt. Lindstrom ist dann am Interessantesten, wenn er mit klassischen Konsum-Klischees aufräumt. Zum Beispiel legt er durchaus plausibel dar, dass die Formel "Sex sells" zwar stimmt, aber anders als viele denken:
Sex scheint nichts anderes zu verkaufen als sich selbst.
So erinnern sich zwar viele Probanden nach dem Zeigen einer sexy Werbe-Kampagne an die schlüpfrigen Szenen, nicht aber an das Produkt. Auch der Zusammenhang zwischen Markenführung und Religion, den Lindstrom herstellt, ist interessant. Darüber hinasu gibt es eine Menge lesenswerter Anektoden über Konsumforschung. Etwa über die berühmte Produktplatzierung von Hershey Schokolade in "E.T."
Was hingegen gewaltig nervt, sind die immer mal wieder eingestreuten Selbst-Belobigungen und Angebereien des Autors.
Ich sitze pro Jahr fast an dreihundert Tagen im FLieger, ich gebe Präsentationen, stelle Aalysen vor und halte Reden.
Lindstroms Stil ist zudem ein wenig, nun ja, platt. Er ist wahrscheinlich ein brillianter Redner und Konsumforscher, aber als Autor leider bestenfalls Mittelmaß. Muss man "Buology" lesen? Man kann. Das Buch bietet interessante Einblicke in Marken-Mythen und Konsum-Forschung. Freilich ist der Umfang von 280 Seiten für die gebotene Substanz ein wenig gebläht. Zwei drei ausführliche Zeitungsartikel würden von der Länge her ausreichen, das Erwähnenswerte aus "Buyology" zusammenzufassen. Aber das ist ja leider bei sehr vielen populären Fachbüchern der Fall.
Martin Lindstrom
"Buyology - Warum wir kaufen, was wir kaufen"
Campus Verlag GmbH
24,90 Euro
Wollte mir das Buch schon kaufen, nun nicht mehr ;-) Danke für die kritische Inaugenscheinnahme!
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