Doch weil das LOHA-Konzept zwar auf dem Papier und als Power-Point-Präsention ganz nett ausschaut, in der Realität aber nicht recht zünden will, hat man nun die Untergruppe der PARKOS dazu erfunden. PARKOS steht für die "Partizipativen Konsumenten". Das sind, grob gesagt, LOHAS, die das Internet bedienen können. Also konsumfreudige Ökos, die Web2.0-Anwendungen wie Communities, Podcasts usw. nutzen, um sich über Produkte und Unternehmen zu informieren und danach auch ihre Kauf-Entscheidungen richten.
Dass aufgeklärte Konsumenten sich immer stärker an Erfahrungsberichten und Nutzerkommentaren von anderen Konsumenten auch und gerade im Internet richten, ist ja nun mittlerweile ein alter Hut. Eine schon etwas ältere Studie von Forrester Research für den US-Markt war da weitaus aufschlussreicher, als die aktuelle von Zucker und Skopos. Forrester Research hatte mit Umfragen ermittelt, dass 83 Prozent der Nordamerikaner, die online sind, bei Kaufentscheidungen am ehesten Empfehlungen eines Freundes oder Bekannten vertrauen. Im Prinzip eine Binse. Da der Begriff "Freund" und "Bekannter" im Web2.0 jedoch viel weiter gefasst wird als im realen Leben, erwächst für die Konsumenten hier ein bedeutsamer neuer Bewertungsmaßstab für Produkte und Dienstleistungen. Dies ist eine der spannendsten Entwicklungen im Konsumverhalten derzeit.
Die Zucker-Studie hat hier aber leider wenig bis gar nichts Erhellendes beizutragen. So werden zehn allgemeine "Kommunikationsregeln" mit suggestiven und reichlich platten Aussagen abgefragt. Dabei kommt z.B. heraus, dass eine große Mehrheit der "PARKOS" der Aussage zustimmen:
"Im Internet kann man erfahren, wie Verbraucher wirklich denken und welche Themen ihnen wichtig sind."
Eine weitere Aussage, der eifrig zugestimmt wird lautet:
"Ich finde es gut, wenn Unternehmen zuhören, was ihre Kunden bewegt".
Den Rest kann man sich hier schenken. Mal im Ernst: Wer würde bei einer Befragung solchen Allgemeinplätzen nicht zustimmen. Der Erkenntniswert solcher Aussagen tendiert schwer gegen Null. Das Design der Fragen zielte hier offenbar nur darauf ab, künstlich eine neue Zielgruppe zurecht zu schneidern.
Noch fragwürdiger, sind die Schlussfolgerungen, die aufgrund der erwartbaren Zustimmung zu solchen 08/15-Thesen gezogen werden. So folgern die Marktforscher aus der Aussage "Ich finde es gut, wenn Unternehmen zuhören, was ihre Kunden bewegt", dass die Mehrheit der "Partizipativen Konsumenten" ein "aktives Monitoring der Sichtweise von Verbrauchern durch Unternehmen fordern". Dass die Mehrheit der Befragten einem Allgemeinplatz zustimmt, wird hier flott zu einer Forderung umgedeutet.
Die Studie basiert auf einem standardisierten Online-Fragebogen. Gerechtfertigt wird dies damit, dass die "Partizipativen Konsumenten per se Online" seien. Weil man aber allgemeingültige Aussagen wollte, wurde die online-repräsentative Stichprobe auf die Gesamtbevölkerung "hochgerechnet". Vielleicht kenne ich mich zu wenig in Statistik aus, aber wie soll das denn funktionieren? Wie sollen Aussagen von Online-Nutzern auf die Gesamtbevölkerung, also auch Nicht-Online-Nutzer "hochgerechnet" werden?
Vor allem aufgrund der beschrieben Allgemeinplätzen, auf deren erwartbarer Akzeptanz die gesamten Aussagen beruhen, halte ich diese Studie für nicht aussagekräftig. In PR-Sprech heißt das dagegen hochtrabend:
"Zucker identifiziert neuen Konsumenten-Typus und entwickelt strategische Leitlinien."
Jaja. Dabei wäre es hochinteressant, einmal den genauen Einfluss von Nutzer-Kommentaren und Online-Kommunikation auf konkrete Kaufabsichten und Transaktionen zu beobachten. Dafür müsste man aber wesentlich tiefer in die Empirie einsteigen und vielleicht auch mal eine quantitative und qualitative Analyse von echter Online-Kommunikation (z.B. Nutzer-Kommentaren) betreiben. Das ist dann aber halt ein bisschen aufwendiger, als einfach einen Online-Fragebogen rauszuschicken und ein paar knallige Grafiken daraus zu basteln.
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